Hilde Goldschmidt wurde am 7. September 1897 in Leipzig geboren.Sie studierte von 1914 - 1917 an der Akademie der bildenden Künste in Leipzig. Von 1920 - 1923 war sie Meisterschülerin von Oskar Kokoschka an der Akademie in Dresden. Die Verbindung zu Kokoschka lebte 1934, in der Emigration 1943 in England und wiederum1950 in Salzburg auf. 1933 übersiedelte Hilde Goldschmidt nach Kitzbühel, 1939 wurde sie aufgefordert, ihre neue Heimat zu verlassen. Im Lake-District, England, wurde die Erinnerung an die expressive Palette der frühen 1920er Jahre wach. Die Begegnung mit Kokoschka verstärkte diese Auffassung.
Studienreisen führten sie 1923 nach New York, 1926/27 nach Paris und Südfrankreich und 1929 nach Italien. 1950 nach Kitzbühel zurückgekehrt, entstanden ihre ,Morgengebete" - Pastelle mit Ansichten der Stadt Kitzbuehel - ,Aquarelle mit figurativen Sujets auf Zeitungspapier und Leinwandbilder, die seit den 60er Jahren in klarem Kolorit und neuen abstrahierenden Strukturen konzipiert sind. In den Vendig-Aufenthalten zwischen 1957 und 1972 fand sie jene persönlich gereifte Bildsprache, die sie während mehrerer Aufenthalte in Malta und Gozo verstärkte.
Aufgrund ihrer besonderen kuenstlerischen Verdienste wurde sie 1974 mit dem Titel ,Professor" ausgezeichnet.
Hilde Goldschmidt starb am 6. August 1980 in Kitzbühel. Sie hat in ihrem Testament die Errichtung einer Stiftung verfügt, welche u. a. die Förderung von österreichischen oder in Österreich lebenden jungen Künstlerinnen und Künstlern mit dem ,Professor-Hilde-Goldschmidt-Preis" zum Inhalt hat.
Den einzelnen Arbeiten sowohl auf dem Gebiet der Ölmalerei wie auf dem Gebiet der Graphik liegen jeweils wirkliche, mit dem Augensinn erfaßbare Motive zugrunde. Es ist aber nicht allein die schaubare Welt, die der Künstlerin Schaffensimpulse vermittelt, wir finden gleichermaßen in ihren Arbeiten Reflexionen emotionaler Bereiche. Die Themen erfahren eine Abstraktion im Sinne eines expressiven Kubismus ausgesprochen eigener Prägung, der nichts mit dem Begriff des orthodoxen Kubismus gemein hat. Ihre Landschaften, figuralen Themen und Porträts in sind gekennzeichnet von einer straffen Durcharbeitung der Komposition und einer der homogenen Wirkung entsprechenden starken Farbigkeit.
Es ist die große Leistung Goldschmidts, daß sie, etwa bei einem Bildnis, trotz aller formalen Reduktion und Umwertung der natürlichen Belange die physiognomische Erkennbarkeit bewahren kann und zudem auch noch von der psychischen Beschaffenheit des Dargestellten Mitteilung zu machen imstande ist. Auch in der Landschaft scheinen auf der künstlerisch gestalteten Fläche immer wieder Elemente des visuell erfaßbaren Vorwurfs auf. Die Bildstimmungen erreichen in einzelnen Fällen eine fast mystische Kraft, was wiederum beweist, daß die Künstlerin nicht nur gedanklich in die Themen einzudringen weiß, sondern daß sie sich durchaus auch des schöpferischen Wertes der Intuition bewußt ist. Erst wenn man die Umformung des geschauten Bildes in die künstlerische Form zugunsten der Verdeutlichung der Gefühlswerte erkannt hat, wird man die zwingende "Richtigkeit" in den Arbeiten von Hilde Goldschmidt begreifen. Als Medium für die Gestaltung seelischer Phänomene dienen der Künstlerin vorwiegend Farbe und Farbkontraste. In einzelnen Fällen führt die Farbe fast ein Eigenleben, meist jedoch wird sie begleitet von fragmentarischen Konturierungen, die innerhalb der Bilder Rhythmen, Verbindungen und räumliche Verstrebungen schaffen.
Neben der Ölmalerei befaßte sich Goldschmidt auch mit der Graphik, und hier vor allen Dingen mit der Monotypie. Wenn wir auch in den graphischen Blättern nicht dieselbe Verdichtung des jeweiligen Motivs vorfinden, so zeichnen sie sich dafür durch eine umso größere Lockerheit und verstärkte Transparenz aus. Farben und Farbkontraste ihrer Graphik sind fein differenziert, während das lineare Gerüst den Arbeiten nicht nur Festigkeit verleiht, sondern die in den Farben begründete Spannung noch unterstreicht.
Hilde Goldschmidts Leistungen liegen aber nicht nur in ihren Arbeiten, in ihren Gemälden und Blättern, die nicht zuletzt durch die Landschaft und das Tem- perament ihrer Wahlheimat Kitzbühel bestimmt sind, sondern auch darin, daß sie ihr Wissen um die Belange der Kunst anderen vermittelte.
Quelle: Stadtbuch Band IV (Univ.-Prof. Dr. Heinz Mackowitz)
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