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Kitzbühel

Petzold Alfons

Alfons PetzoldDer "Arbeiterdichter", liegt in Kitzbühel begraben. Er lebte von 1917 bis 1923 in einer hier erworbenen Wohnung, nachdem er sich durch einen gewissen Dr. Stefan von Licht von seinen Auswanderungsplänen in die Schweiz hatte abbringen lassen.

"Wir haben uns entschlossen, nach Tirol zu fahren, da wir für das zehn Monate alte Kind keine Milch mehr bekommen können, und haben eine Sommerwohnung in Kitzbühel genommen", schreibt er in seinem Tagebuch vorn 24. Mai 1917."
War die Wohnung erst nur provisorisch, so entscheidet sich Petzold 1918, ganz in Kitzbühel zu bleiben. In seinem Tagebuch heißt es am 25. April 1918. "Mein Schweizer Freund Seelig, den ich brieflich befragte, rät mir ab, in die Schweiz zu ziehen. Die Lebensverhältnisse sollen dort auch schlecht sein und noch schlechter werden. So werden wir uns ganz in Kitzbühel niederlassen und uns die Möbel kommen lassen. Wir haben eine schöne, große Wohnung in an- genehmer Lage bekommen - mich freut es hauptsächlich Hedwigs und des Kindes wegen..."

Alfons Petzold wuchs in der Großstadt auf. Er wurde am 24. September 1882 in Wien als Sohn einer armen Familie geboren. Der Knabe, dessen Werdegang in seiner frühen Jugend noch behütet war, verlor früh Vater und Mutter, und der heranwachsende Jüngling wurde selbst von der Krankheit seiner Eltern, der Krankheit der damaligen Proletarier, nämlich der Tuberkulose, erfaßt. Vorn Tode gezeichnet, ergibt er sich trotzdem nicht dem Schicksal - denn sein in ihm wohnendes Sendungsbewußt- sein, zu schreiben, war stärker. Obwohl er nur geringe Schulbildung erwerben konnte und sich das tägliche Brot in mehreren Berufen und in der Fabrik verdienen mußte, von Krankheit, Arbeitslosigkeit und Hunger geplagt, brannte doch in ihm nach der Arbeit des Tages in der dürftigen Kammer die Sehnsucht nach Poesie: er hielt Zwiesprache mit sich und der Welt. Es entstanden Gedichte, voll von Anklage. Politisch schloß er sich den Sozialdemokraten an, um einen Ausweg aus seinem elenden Leben zu finden.

Trotzdem wohnte in ihm eine tiefe Religiosität. In seinem großen autobiographischen Roman "Das rauhe Leben" hat Petzold seinen Werdegang in erschütternder Weise geschildert. Er war Taglöhner, Laufbursche, Bäckerlehrling, Schuhmacherlehrling, Aushilfskellner, Austräger, Schneeschaufler, Fensterputzer, dazwischen aber immer wieder Fabriksarbeiter. Dennoch war er von einem unersättlichen Drang nach Bildung beseelt und konnte im Laufe seines Lebens Freundschaft und Bekanntschaft mit den größten Dichtern und Geistesmännern der deutschen Literatur schließen. Er, der Proletarier, eignete sich eine erstaunliche Fülle von Wissen an und drang zu einer Freiheit des Geistes vor, die ihn zu einem echten Dichter machte. Franz Karl Ginzkey hat Petzold entdeckt und gefördert, aber auch Felix Braun, Stefan Zweig, Franz Theodor Csokor, Luitpold Stern, Hans von Hoffensthal u. a. Einmal bekennt Petzold.-

Aus der Erde Schutz und Not
Steig ich Menschenknecht,
Setz mich in das Sternenboot
Reisefroh zurecht.
Laß das Steuer gradaus Stehn,
Weiß ich doch zur Zeit:
Alle, alle Winde wehn
Hin zur Ewigkeit.


Mit seiner herben und oft in das Ekstatische, in das Expressionistische vorstoßenden Lyrik wurde er der bedeutendste Vertreter der österreichischen Arbeiterdichtung, eroberte aber auch den kosmischen und religiösen Bereich. Einige seiner Gedichtbände seien erwähnt, etwa "Trotz alledem ... .. Seltsame Musik", "Der Ewige und die Stunde“, „Krieg", "Volk, mein Volk“, „Der stählerne Schrei". Außerdem verfaßte er mehrere Prosawerke, wie die Novelle „Auferstehung", weiters die Romane "Erde“, „Sevarinde" und den bekanntesten "Das rauhe Leben". Auch Briefe, Erinnerungen, Träume und andere Prosa- wie Lyrikwerke erschienen im Druck, z. B. "Das Lächeln Gottes". Franz Karl Ginzkey hat von ihm das schöne Wort gesagt: "Gerade dieses seltsame Jenseitsleuchten war ja immer schon um ihn gewesen..." Mit dem Tod war der Todkranke in ständigem Dialog:


Und nichts vom Ruhme will ich wissen,
Den schüttle meine Seele ab.
Was Ehre ist, das kann ich missen,
Kein stolzer Denkstein schmück' mein Grab.
Doch eines nur soll mir gelingen,
Daß, wenn der Körper längst schon schied,
Die blassen Arbeitsmädel singen
In der Fabrik von mir ein Lied.


War auch das Leben Petzolds voll von Sorgen, so fand er doch in Kitzbühel seine schönste Zeit und ein bescheidenes Glück. "Die Brüder Licht", schreibt er in seinem Tagebuch vom 16. Juni 1919, nachdem seine erste Frau, Johanna, gestorben war und er nun mit der zweiten, Hedwig, hier eine neue Zukunft baute, "haben die hiesige Buchhandlung gepachtet und mich als Leiter darin bestellt. Ich freue mich sehr auf die Arbeit mit den geliebten Büchern." Als Petzold jedoch am 26. jänner 1923 in Kitzbühei, 41 Jahre alt, starb, trauerten um ihn nicht bloß seine Witwe und drei Kinder, sondern der ganze Arbeiterstand, aus dem er kam und für den er schrieb.

Quelle: Stadtbuch Kitzbühel Band IV (Hermann Kuprian)